Leah König, Quartiersmanagerin in Dülmen.
"Welche Herausforderungen bringen die Pastoralen Räume für die zukünftige Arbeit im Quartiersmanagement?
Christian GermingCV Coesfeld
Christian Germing, Vorstand des Caritasverbandes für den Kreis Coesfeld e.V.
Der Diözesanrat hat am 21. April 2023 den Vorschlag für die neue Struktur der pastoralen Räume gebilligt und dem Bischof empfohlen, dies umzusetzen. Für das Kreisgebiet sehe ich die Struktur der pastoralen Räume kritisch, da diese nicht dem Kreisgebiet entsprechen. Die Pfarrei St. Lambertus Ascheberg soll einen pastoralen Raum mit Drensteinfurt und Sendenhorst bilden. Ursprünglich war dies damit begründet, dass sonst der pastorale Raum rund um Lüdinghausen zu groß wird. Jetzt kommt allerdings im Selm mit St. Ludger eine Pfarrei aus dem Kreis Unna in den pastoralen Raum Lüdinghausen, weil die dortige Pfarrei dies wünscht. Ich finde das nicht richtig. Als Kirche sollten wir in die Gesellschaft hineinwirken. Dazu zählt aus meiner Sicht auch eine Orientierung an den Kreis- und Kommunalgrenzen. Ich habe sowohl den Weihbischof als auch das Generalvikariat angeschrieben; aber leider bleibt es bei dem Strukturvorschlag. Wir werden nun sehen, wie sich dies auf die Zusammenarbeit auswirken wird. Ich habe jedenfalls die Sorge, dass der leitende Pfarrer und die Mitarbeiter*innen des Seelsorgeteams im Fall von Ascheberg überwiegend im Kreis Warendorf tätig sind und die Verbindung zum Kreisdekanat und zum Caritasverband leidet.
Ein zentrales Merkmal für ehrenamtliches oder freiwilliges Engagement sehe ich in der Identifikation mit der Aufgabe. Daher engagieren sich Menschen in der Regel dort, wo sie leben. Das merken wir im Kreis Coesfeld zum Teil schon in größeren Orten. Das Engagement im Ortsteil Herbern ist noch lange kein Engagement für die Gemeinde Ascheberg. Gleichzeitig leben Kirche und Caritas aber vom lokalen freiwilligen Engagement. Für die pastoralen Räume stellt sich die Frage, wie es trotz der größeren pastoralen Räume gelingt, das Engagement vor Ort zu unterstützen und zu motivieren. Dazu braucht es Unterstützer vor Ort. Wir sehen heute, wie wichtig pastorale Mitarbeiter*innen oder auch die Pfarrbüros als Unterstützung sind. Meine Sorge ist, dass mit den pastoralen Räumen sämtliches Personal sukzessive auf die Ebene der pastoralen Räume verlagert wird und damit immer weniger Unterstützungsstrukturen vor Ort zur Verfügung stehen. Wir merken im Caritasverband selbst, dass es uns an Orten ohne eigene Einrichtungen viel schwerer gelingt, Menschen für ein Engagement anzusprechen und zu motivieren.
Insgesamt müssen wir uns darauf einstellen, dass die Kirche immer weniger eine professionelle und hauptberufliche Kirche sein wird. In Zukunft wird gemeindliches Leben noch stärker als heute davon abhängen, dass es Ehrenamtliche gibt, die gemeinsam ihren Glauben leben und feiern. Das hat Chancen, aber auch Risiken. Auf der einen Seite gibt es mehr Freiraum für ehrenamtliches Engagement und damit auch für unterschiedliche Formen christlichen Glaubens. Auf der anderen Seite stellt sich natürlich die Frage, ob sich in einer kleiner werdenden Gemeinde noch genug Menschen finden, die bereit sind, sich zu engagieren und das Gemeindeleben gemeinsam zu gestalten.
Die hat auch Auswirkungen auf den Caritasverband. Caritas ist ja nicht nur die professionelle Arbeit unsere Mitarbeiter*innen, sondern lebt in erheblichem Maß von dem ehrenamtlichen karitativen Engagement vor Ort. Dazu zählen ehrenamtliche Dienste im Caritasverband wie Essen auf Rädern oder die Sozialkaufhäuser, aber auch das vielfältige Engagement in den Pfarreien: von der Flüchtlingsarbeit über den Mittagstisch bis hin zur niederschwelligen Beratung mit dem "Offenen Ohr". Das sind wichtige Angebote und die Frage bleibt wie, diese Angebote aufrechterhalten werden können. Hier könnten neue Aufgaben für unsere Quartiersprojekte oder die Gemeindecaritas liegen.