Mosawi floh vor rund sechseinhalb Jahren aufgrund der politischen Lage aus Afghanistan. In Deutschland erhielt er den subsidiären Schutzstatus. Seitdem hat er mit großem Engagement und der Unterstützung der Flüchtlingsinitiative (FI) sowie des Caritasverbandes für den Kreis Coesfeld ein neues Leben aufgebaut. Ein wichtiger Wegbegleiter wurde für ihn Ludger Schulte-Rohling von der FI. Aus dem zunächst ehrenamtlichen Kontakt entwickelte sich Freundschaft. Gemeinsame Freizeitaktivitäten und lange Gespräche über das Leben in Deutschland zeigen, dass interkulturelle Freundschaften Zeichen von Integration sind und den Blick auf andere Kulturen öffnet.
Besonders hervorzuheben ist Mosawis sprachliche Entwicklung. Zu Beginn seines Aufenthalts in Deutschland besuchte er einen Sprachkurs an der Volkshochschule Coesfeld und engagierte sich ehrenamtlich bei der Tafel. Heute spricht er fließend Deutsch und verwendet mit Leichtigkeit Redewendungen und Sprichwörter. "Sprache ist der Schlüssel zu einer gelungenen Integration - im sozialen wie auch beruflichen Kontext", betont auch Anne Gauselmann vom Fachdienst Integration & Migration. Sie begleitet und unterstützt Mosawi seit zwei Jahren besonders in Bezug auf aufenthaltsrechtliche Fragen und Familienzusammenführung.
Beruflich fand Mosawi vor viereinhalb Jahren eine Anstellung als Steinmetzhelfer bei Naturstein Schürmann in Coesfeld. Seine praktischen Vorerfahrungen aus dem Iran, wo er bereits mit Natursteinen gearbeitet hatte, kamen ihm dabei zugute. Seine Tätigkeiten umfassen unter anderem das Zuschneiden und Polieren von Steinmaterialien, die Kundenbetreuung sowie Lieferungen und Montagen vor Ort. Zusätzlich arbeitet er an den Wochenenden als Pizzabäcker in einer örtlichen Diskothek. Sein Berufsziel ist die Absolvierung der Gesellenprüfung im Steinmetzhandwerk.
Trotz dieser Erfolge ist Mosawi immer wieder mit bürokratischen Herausforderungen konfrontiert. Im Laufe der Jahre hat er aufgrund dessen oft darüber nachgedacht, das Land wieder zu verlassen. Die aktuelle Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte erschwert es ihm erheblich und die Hoffnung hat ihn zwischenzeitlich verlassen. Sein Arbeitgeber setzt sich aktiv für ihn ein, um ihm eine gesicherte Zukunft in Deutschland zu ermöglichen und sein Recht auf Familienleben zu unterstützen. Der Caritasverband ist davon überzeugt, dass eine gute Integration und Chancen auf das Bleiben in Deutschland nur gelingen kann, wenn die Familie vereint ist.
Niamatullah Mosawi aus Afghanistan und Anne Gauselmann vom Fachdienst Integration & Migration vor der Geschäftsstelle des Caritasverbandes in Coesfeld.Caritas Coesfeld
Seine Ehefrau hätte Möglichkeiten über das Fachkräfteverfahren nach Deutschland einzureisen. Sie hat bis zur Machtübernahme der Taliban Medizin studiert. Der Caritasverband wird sie bei dem Fachkräfteverfahren zur Pflegefachkraft unterstützen. Derzeit pendelt sie zwischen Afghanistan und dem Iran, um das dafür notwendige Sprachzertifikat zu erlangen. Eine Sprachschule kann sie in Afghanistan nicht besuchen. Die Reise zum Sprachkurs in den Iran ist ohne männliche Begleitung in Afghanistan untersagt ist. Damit sei die Teilnahme an Sprachkursen mit zusätzlichen Schwierigkeiten und erheblichen Risiken verbunden.
Der Fall Mosawi verdeutlicht exemplarisch, wie Integration durch Eigeninitiative, Arbeitsbereitschaft und Unterstützung vor Ort gelingen kann und gleichzeitig bestehende gesetzliche Regelungen persönliche Lebensperspektiven erheblich einschränken können.
Schulte-Rohling bringt die Situation auf den Punkt: "Ich bewundere euch, mit welcher Geduld, Energie und Ausdauer ihr versucht, einen Weg zu finden. Was mich bedrückt, ist, dass euch immer mehr Hürden aufgebaut und Stolpersteine in den Weg gelegt werden." Gauselmann zeigt sich dennoch zuversichtlich: "Herr Mosawi setzt aus eigener Kraft alle Hebel in Bewegung, um ein gutes Leben in Deutschland zu führen. Sein Engagement ist beispielhaft. Was ihm am meisten fehlt, ist seine Familie." "Ich möchte gerne noch ganz lange hier bleiben", sagt Mosawi selbst.