Der "Familienunterstützende Dienst (FuD) und Freizeitassistenz" des Caritasverbandes bietet Familien, die zuhause ein Kind, einen Jugendlichen oder einen Erwachsenen mit Behinderung betreuen und versorgen, Unterstützung im Alltag an. Auch Menschen mit Behinderungen, die nicht mehr im Elternhaus, sondern allein oder in einer besonderen Wohnform leben, werden bei der selbstbestimmten Gestaltung ihrer Freizeit unterstützt.
Als erstes schreibt Hendrik seinen Namen, danach folgen die Namen von Familienangehörigen.Caritas Coesfeld
So auch Hendrik (32), bei dem Trisomie 21 diagnostiziert wurde, und seiner Mutter, die zusammen in Olfen wohnen. Nahezu jeden Donnerstag klingelt es bei den beiden um 16:15 Uhr an der Tür - und das seit nun sechs Jahren. Einmal in der Woche erhält er Besuch von Anna (26), die sich beim Caritasverband sozial engagiert und als Freizeitbegleitung mit Hendrik den Nachmittag verbringt. Und das verläuft immer nach einem ganz genauen Schema: Erst lesen die beiden gemeinsam. Zur Belohnung gibt es anschließend ein Eis aus der Gefriertruhe, im Sommer gerne auch von der örtlichen Eisdiele. Danach schreibt Hendrik verschiedene Wörter auf ein Blatt Papier, jeden Donnerstag dieselben: seinen Namen, die Namen seiner Familienangehörigen, Annas Namen und zuletzt seine Adresse mit der Hausnummer 5. Ist das geschafft, gibt es ein High Five. "Hendrik kann alle Buchstaben und kennt viele Zahlen", erzählt Anna stolz. Bis 18:15 Uhr spielen Anna und Hendrik, zwischen denen sich in den letzten Jahren eine wahre Freundschaft entwickelt hat, gemeinsam ein Karten- oder Gedächtnisspiel.
"Der immer wieder gleiche Tagesablauf ist ganz wichtig in der Zusammenarbeit mit Hendrik", erklärt Anna, die Sonderpädagogik studiert hat und hauptberuflich in einer inklusiven Grundschule in Lüdinghausen arbeitet. "Routine bedeutet Sicherheit. Hendrik weiß immer ganz genau, was als nächstes kommt, und kann schon in die Vorbereitung gehen." Hin und wieder brechen die beiden auch aus ihren Routinen heraus. Dann schaukeln sie im Garten, besuchen den Zoo oder essen Popcorn und Nachos im Kino. Auf die Frage, was die beiden als nächstes planen, antwortet Hendrik optimistisch: "Überlegen wir noch!"
Auch wenn Anna in einer Grundschule arbeitet, stellt sie klar, dass sie bei der Nachmittagsbetreuung keinen Lehrauftrag erfüllt. Es geht vielmehr darum, mit Empathie und Verständnis die Freizeit eines Menschen mit Behinderung zu gestalten und zu bereichern. Dadurch ermöglicht sie außerdem der Mutter, anfallende Aufgaben zu erledigen und Zeit für Entspannung zu finden.
Hendrik und Anna haben viel Spaß gemeinsam und lachen viel.Caritas Coesfeld
Um als Freizeitbegleitung tätig zu sein, musste Anna zuvor eine Schulung von insgesamt 40 Unterrichtseinheiten absolvieren, die auch eine sechsstündige Präventionsschulung beinhaltet. Charaktereigenschaften wie Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit sind von zentraler Bedeutung, ebenso wie das ernsthafte Engagement für die Übernahme dieser verantwortungsvollen Aufgabe. Auch Offenheit und Flexibilität sind wichtig, da die Betreuungssituationen mitunter komplex sein können. Dass Anna ihr Freiwilliges Soziales Jahr in der Werkstatt Lüdinghausen vollzogen hat und dort schon erste Erfahrungen mit Menschen mit Behinderung sammeln konnte, ist sicherlich von Vorteil, wurde aber für die Freizeitbegleitung nicht vorausgesetzt.
Für ihre Tätigkeit erhält Anna, wie alle anderen Freizeitbegleiter*innen auch, eine Aufwandsentschädigung. "Die wenigsten machen die Arbeit allerdings fürs Geld", verrät Silas Beinhauer, der den Familienunterstützenden Dienst (FuD) und die Freizeitassistenz für Menschen mit Behinderungen im Caritasverband koordiniert. "Die meisten machen es, weil es Spaß macht. Es ist ein Geben und Nehmen." Das findet auch Anna: "Es geht nicht ums Geld. Es geht um die Zeit, die wir zusammen haben. Wenn ich zum Beispiel mal einen schlechten Tag habe, erzählt Hendrik einen Witz, und alles ist wieder gut."
Silas Beinhauer berichtet, dass viele Menschen noch immer Berührungsängste mit Menschen mit Behinderung haben. Gerade deshalb legt er die gemeinsame Zeit mit Menschen mit Behinderung jedem ans Herz. "Wir unterstützen einfach Menschen, die Bock haben auf Freizeit und manches allein nicht schaffen können. Unser Motto: Alles kann, nichts muss."
Bei weiteren Fragen oder Interesse an sozialem Engagement steht Silas Beinhauer per Mail an beinhauer@caritas-coesfeld.de oder telefonisch unter 02594 950-4403 zur Verfügung.