Der Aktionstag "Schichtwechsel", der von 16 Berliner Werkstätten und der Landesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen Berlin (BAG WfbM) ins Leben gerufen wurde, soll den Austausch zwischen Menschen fördern, die im Arbeitsalltag selten aufeinandertreffen: Menschen mit einer Behinderung oder psychischen Erkrankung, die in Werkstätten arbeiten, und Mitarbeiter*innen aus Unternehmen. Sie tauschen für einen Tag ihren Dienst und erhalten so Einblicke in die Arbeit des jeweils anderen. So können auf Seiten des oder der Arbeitsnehmer*in Vorurteile abgebaut und auf Seiten des Werkstatt-Beschäftigten neue berufliche Perspektiven entdeckt werden.
Dennis Sokullu, der sonst in der Werkstatt Nordkirchen arbeitet, hat während seiner Schicht im Unternehmen JOKARI das Team tatkräftig unterstützt und die Produktionsabläufe sowie die Fertigung von Abisolierwerkzeugen kennengelernt. Insbesondere an der Kunststoffspritzerei und am vorhandenen Verpackungsautomat hat Herr Sokullu großen Gefallen gefunden. Währenddessen begab sich JOKARI-Mitarbeiterin Jaqueline Gräfe in die Montagegruppe der Caritas-Werkstatt Nordkirchen. Die Vielfalt der Werkstatt und die sehr gut strukturierten Arbeitsprozesse, das Qualitätsniveau der Ergebnisse und Produkte habe sie sehr beeindruckt. Beide Teilnehmende des Schichtwechsels waren nach ihrem Arbeitstag von der jeweiligen Tätigkeit des anderen begeistert, berichtet Werkstattleitung Katja Alfing. Und beide bedauerten, dass der Tag so schnell endete.
Der Tag von Denise Heitmann, Beschäftigte der Werkstatt Lüdinghausen, startete mit einer Führung durch die Räumlichkeiten und die Werkstatt von e-motion, um ihren Arbeitsplatz kennenzulernen. "Es war etwas ganz Neues und richtig spannend", fasst Denise Heitmann ihren Schichtwechsel kurz zusammen. "Besonders interessant fand ich, wie genau jedes einzelne Fahrrad überprüft wird und welche Dinge zu erledigen sind, bevor ein neues Fahrrad in den Verkauf gehen kann." An diesem Tag wurde sie begleitet von Nutchi und Tom Blome, den Geschäftsführern von e-motion. Sie sorgten nicht nur dafür, dass Denise immer genügend zu tun hat, sondern nahmen sich auch Zeit für Erklärungen und der Beantwortung von Fragen. "Wir unterstützen die Aktion Schichtwechsel sehr gerne und finden es für beide Seiten sehr bereichernd. Vermutlich sind einige Betriebe durch Vorurteile eingenommen und eher zurückhaltend, wenn es darum geht, Menschen mit Handicap eine Anstellung zu bieten. Genau solche Aktionen helfen, diese Vorbehalte abzubauen", sagt Nutchi Blome im Namen von e-motion. Im Gegenzug wechselte Büllent Özcan, Mitarbeiter von e-motion, für einen Arbeitstag in die Caritas-Werkstatt. "Wir haben Herrn Özcan in verschiedene Aufgaben unserer Arbeitsgruppen eingebunden", berichtet Jörg Bäumer, Werkstattleiter. "Beim Schichtwechsel möchten wir natürlich auch zeigen, inwiefern wir Menschen mit Behinderung oder mit einer psychischen Erkrankung fördern und wie vielfältig die Arbeitsaufträge in den Gruppen sind."
Auch Detlef Ulrich, Beschäftigter der Werkstatt in Lünen, durfte im Rahmen der Aktion einen aufregenden und erlebnisreichen Tag in der Landesgeschäftsstelle der DLRG Westfalen verbringen. So schnupperte er in die Tätigkeiten des Haustechnikers hinein und packte fleißig mit an, wie Larissa Krauße von der Caritas-Werkstatt berichtet. Gemeinsam widmeten sie sich der Außenanlage, schnitten Sträucher und verluden den Grünschnitt in den Anhänger, um ihn anschließend fachgerecht zu entsorgen. Dabei war Herr Ulrich mit vollem Einsatz dabei und unterstützte mit großer Freude und Engagement. Selbst der Regen konnte die beiden nicht stoppen. "Ein gelungener Tag, der gezeigt hat, wie viel Spaß gemeinsame Arbeit machen kann!", resümiert Frau Krauße.
Emre Tasar, der ebenfalls in der Werkstatt Lünen beschäftigt ist, hat seine Schicht mit Nils Polenz von der Firma Stork, die im Bereich der Oberflächentechnik tätig ist, getauscht. Herr Tasar wurde zu Beginn seines Arbeitstages vom Geschäftsführer Felix Stork empfangen und zu seinem Einsatzort, der Halle 2, begleitet. In dieser Halle werden Industrieteile für unterschiedliche Kunden beschichtet. Hier konnte Herr Tasar einen wertvollen Einblick in die alltägliche Arbeit der Mitarbeiter gewinnen: vom Entladen des Kundenmaterials, über die Vorbereitung und Öberflächenbeschichtung, bis hin zur Verpackung und Beladung. Herr Tasar wurde gut in das Team aufgenommen, was seine Freude, den allgemeinen Arbeitsmarkt kennenzulernen, umso mehr steigerte. Herr Polenz wiederum hat seinen Arbeitstag in der Betriebsstätte InduPart verbracht. Marco Sieber, Gruppenleitung des Arbeitsbereiches InduParts, hat Herrn Polenz sowohl mit der Auftragslage und den Kunden als auch den Strukturen einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) vertraut gemacht. Er habe zuvor weder eine Vorstellung davon gehabt, was der Auftrag einer WfbM sei noch wie der Alltag in der Werkstatt aussehe, resümiert Herr Polenz. Er war positiv überrascht und bedankte sich für den gewonnenen Eindruck.
Und eins steht fest: Auch im nächsten Jahr wird die Aktion "Schichtwechsel" stattfinden. Unternehmen können sich bereits jetzt bei Interesse an die Leitungen der Werkstatt melden.
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